Bericht über die Anwendung der Abtreibungspille:
"Es war ein Abschied über drei Tage"

Hannover. Die Frau ist zierlich und wirkt fast zerbrechlich. Eine Arzthelferin hat ihr warme Socken und einen Bademantel geliehen, in den kuschelt sie sich ein. Stunde um Stunde wartet sie auf einer Liege. Weiße Vorhänge schützen sie vor den Blicken der anderen Patientinnen, die ihre Schwangerschaften "wegoperieren" lassen. Sie versucht, ruhig in den Bauch hinein zu atmen. So hat sie es früher von einer Hebamme gelernt.

Die Hausfrau Heike Sartorius (Name geändert) gehört zu den ersten ungewollt Schwangeren in Deutschland, die Erfahrungen mit der Abtreibungspille Mifegyne machen. In einer Arztpraxis hat Heike Sartorius die drei Tabletten unter den Augen des Arztes geschluckt. Sie wollte sich eine Narkose ersparen. Die junge Frau erfüllte die Bedingungen für die Mifegyne-Einnahme: Sie hatte die siebte Schwangerschaftswoche nicht überschritten; sie wohnt nicht allein und nicht weiter als 30 Kilometer von der Praxis entfernt; sie ist kein Teenager mehr; sie hat weder Herzprobleme, noch ist sie seelisch besonders labil.

"Es sollte alles ganz schnell gehen", erzählt Heike Sartorius nach dem Abbruch. "Wegen meiner Gesundheit und aus sozialen Gründen konnte ich kein viertes Kind bekommen." Ganz schnell ging es allerdings nicht. Beim ersten Beratungsgespräch gleich nach dem Ausbleiben ihrer Menstruation konnte der Arzt über U1traschall noch keinen Embryo erkennen - frühestens bei einem solchen Nachweis aber wird Mifegyne gegeben.

Heike Sartorius nahm die Abtreibungspillen in der sechsten Schwangerschaftswoche. In den folgenden zwei gewohnt turbulenten Tagen zu Hause bei Mann und Kindern wurde ihr immer wieder schwindelig und übel. Bloß geblutet habe ich nicht, obwohl das auf der Packungsbeilage stand", erzählt sie. "Zwischendurch habe ich gehofft, dass das Kind überlebt hat."

Die Patientinnen werden nach dem Einführen eines wehenauslösenden Scheidenzäpfchens von einer Krankenschwester betreut. Für alle Fälle hält sich auch ein Narkosearzt bereit. Das sind die Stunden, die Heike Sartorius im weißen Bademantel verbringt. Während andere Frauen in der Operationsambulanz nach zehn Minuten aus der Narkose erwachen und wenig später nach Hause gehen, wartet die Mifegyne-Patientin auf die Wirkung des Wehenmittels Prostaglandin. Es hilft, den Embryo aus der Gebärmutter auszustoßen, der durch die Abtreibungspille schon abgestorben sein soll.

Heike Sartorius hat Angst: davor, dass die Mittel bei ihr nicht funktionieren. Oder dass der Abbruch sehr weh tun wird. Zwischendurch wieder fürchtet sie, dass Mifegyne ihre vierte Schwangerschaft tatsächlich beendet hat.

Die Krämpfe setzen heftiger ein als erwartet. Heike Sartorius atmet tief, wie einst in den Schwangerenkursen. So will sie "das Kind loslassen". Gut drei Stunden nach dem Zäpfchen verspürt die Frau den Drang, zur Toilette zu gehen. In einer Schüssel soll sie dort den Embryo auffangen. "Die Frucht war schon zu erkennen", erzählt sie danach. "Das Bild hat sich gnadenlos eingebrannt. Ich werde es nicht vergessen."

Diese Abtreibung, meint Heike Sartorius, sei ihr wie eine Geburt vorgekommen und habe sie übermenschliche Kräfte gekostet. "Es war ein Abschied über drei Tage."
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Wenn Sie möchten, schreiben Sie mir
        per email
                    oder Brief
                                oder Fax
                                            oder rufen Sie einfach an.

Ich bin immer für Sie da
und melde mich bei Ihnen schriftlich oder fernmündlich zurück.

Ihre Fragen werden streng vertraulich behandelt.

e-mail-Adresse: wilfriedrust at arcor.de

Internet-Adresse: www.familierust.com/lebensberatung/
                       Tel.:   05171 - 16585